BGH-Urteil zum Unfall auf einem Parkplatz
Grundsätzlich gilt kein rechts vor links
Bei einem Unfall auf einem Parkplatz stellt sich regelmäßig die Frage, wer Schuld hat. Gilt hier die Regelung rechts vor links? Der Bundesgerichtshof hat nunmehr für Klarheit gesorgt, VI ZR 344/21.
In jenem Fall befuhr der Kläger mit seinem Pkw eine Fahrgasse zwischen Parkflächen auf einem Parkplatz eines Baumarktes. Der Beklagte befuhr von links kommend eine diese Gasse kreuzende Fahrspur. Wegen eines parkenden Sattelzuges hatten beide Parteien ein eingeschränktes Sichtfeld in den Kreuzungsbereich. Im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge. Der Kläger verlangte Schadensersatz für sein beschädigtes Fahrzeug mit einer Quote von 100 %. Er berief sich darauf, dass der Gegner ihm die Vorfahrt genommen habe. Schließlich sei er selbst von rechts gekommen. Damit kam er vor dem Amts- und Landgericht nicht durch. Der Bundesgerichtshof hat dies bestätigt.
Verständigung ist erforderlich
Der BGH führt dazu aus, dass die Vorfahrtsregelung rechts vor links auf einem öffentlichen Parkplatz nur dann gelte, wenn die dort aufeinanderstoßenden Fahrspuren einen eindeutigen Straßencharakter aufwiesen. Ansonsten müssten sich die Kraftfahrer über die Vorfahrt verständigen.
Denn ein Parkplatz sei als Ganzes betrachtet keine Straße, sondern eine Verkehrsfläche, die grundsätzlich in jeder Richtung befahren werden dürfe. Parkplatzflächen – wie hier vor dem Baumarkt – seinen vor allem zum Rangieren und zum Be- und Entladen da. Außerdem seien Fußgänger unterwegs. Parkflächenmarkierungen, die den Platz in Parkplätze und Fahrspuren aufteilen, änderten daran für sich genommen nichts. Fahrbahnen, die durch solche Markierungen entstehen, hätten keinen Straßencharakter.
Ein Straßencharakter ergebe sich nur dann ausnahmsweise, wenn sich durch die bauliche Gestaltung der Fahrspuren und die sonstigen örtlichen Gegebenheiten für den Verkehrsteilnehmer unmissverständlich ergebe, dass die Fahrbahnen nicht der Aufteilung und unmittelbaren Erschließung der Parkflächen dienen, sondern in erster Linie der Zu- und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr.
Allgemeines Rücksichtnahmegebot
Auf einem Parkplatz ohne eindeutigen Straßencharakter gelte daher das allgemeine Rücksichtnahmegebot: „Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“ Beide Autofahrer müssen sich verständigen.
Bei derartigen Unfällen kommt es daher regelmäßig zu einer Haftungsquotelung von 50 zu 50, da beide Fahrer offensichtlich nicht aufgepasst haben. Ist allerdings einer der Parteien ein weiterer Verstoß nachweisbar, beispielsweise eine überhöhte Geschwindigkeit, so kann es auch zu einer deutlich höheren Haftung – je nach den Umständen des Einzelfalles – kommen!