Eltern haften für ihre Kinder
Aufsichtspflicht bei Unfall von zweijährigem Kind mit Laufrad
Das OLG Hamm hat ein weiteres Urteil zum Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht gefällt, Az. 26 U 79/23. Was war passiert? Ein 2 Jahre und 11 Monate altes Kind fuhr mit einem Laufrad auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg. Die Eltern folgten zu Fuß ihrem Sohn in einem Abstand von mindestens 5 Metern. Der Kläger fuhr mit seinem Fahrrad in gleicher Fahrtrichtung. Er wollte das Kind überholen. Dabei macht das Kind eine Bewegung nach links und es kam zur Kollision zwischen dem Kind und dem Kläger. Der Kläger stürzte und verletzte sich schwer. Er erlitt mehrere Brüche. Zudem verbleibt ein Schaden an der linken Hand. Diese bleibt dauerhaft in der Bewegung eingeschränkt. Der Radfahrer verlangte nunmehr Schadensersatz von den Eltern wegen der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Das erstinstanzliche Gericht hatte die Ansprüche des Klägers mit einer Quote von 50 % für berechtigt angesehen. Das OLG Hamm hat diese Haftungsverteilung bestätigt.
Eltern müssen unmittelbar einwirken können
Das OLG bestätigt, dass die Eltern im vorliegenden Fall ihre Aufsichtspflicht verletzt haben und führt dazu insbesondere folgendes aus: Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimme sich nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Eltern in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden könne. Für eine Haftung komme es stets darauf an, ob die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles Genüge getan haben. Im Vorliegenden Fall hatten die Eltern aufgrund ihres Abstandes von ca. 5 Metern keine Möglichkeit, unmittelbar auf ihr mit dem Laufrad fahrendes Kleinkind einzuwirken, um andere Verkehrsteilnehmer des gemeinsamen Geh- und Radweges vor von ihm ausgehenden Gefahren zu schützen. Zudem wussten die Eltern in jenem Fall, dass ihr Sohn bei einem „Stopp“-Ruf noch eine Lenkbewegung nach links macht.
Mitverschulden des Radfahrers
Allerdings müsse sich auch der Radfahrer ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen. Dieses bewertete das Gericht mit 50 %. Denn der Radfahrer hatte die Situation auf dem Geh- und Radweg wahrgenommen und auch die fehlende Einwirkungsmöglichkeit der Eltern bemerkt.
Darüber hinaus habe er auch auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg als Radfahrer auf Fußgänger besondere Rücksicht zu nehmen. Schließlich hätte er bei einem Kleinkind, von dem man nicht wisse, wie es reagiere, dafür Sorge tragen müssen, dass eine Gefährdung ausgeschlossen sei. Der Radfahrer habe auch auf Sicht fahren und in der Lage sein müssen, sein Fahrrad innerhalb der überschaubaren Strecke anzuhalten.
Private Haftpflichtversicherung für Eltern besonders wichtig
Damit sind die Eltern also verpflichtet, dem Radfahrer unter Berücksichtigung einer Haftungsquote von 50 % Schmerzensgeld zu zahlen und etwaige weitergehende Schäden wie Behandlungskosten, Verdienstausfall etc. zu erstatten. An diesem Fall wird wieder einmal besonders deutlich, wie wichtig es ist, eine private Haftpflichtversicherung abzuschließen! Diese wäre in solchen Fällen eintrittspflichtig und ist darüber hinaus auch für die Abwehr unberechtigter Ansprüche zuständig und übernimmt auch im Falle eines Falles die entsprechenden Prozesskosten.