Entgeltgleichheit von Männern und Frauen
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seiner aktuellen Entscheidung vom 16.02.2023 klargestellt, dass Männer und Frauen auch dann den gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten müssen, wenn der männliche Kollege im Einzelfall ein höheres Entgelt im Rahmen von Gehaltsverhandlungen mit dem Arbeitgeber aushandelt (BAG, Urteil vom 16.02.2023, Az.: 8 AZR 450/21; vgl. Pressemitteilung BAG vom 16.02.2023, 10/23).
Sachverhalt
Die Arbeitnehmerin ist seit März 2017 bei der Arbeitgeberin im Vertrieb als Außendienstmitarbeiterin beschäftigt. Ihr vereinbartes Grundgehalt beträgt 3500,00 EUR brutto. Ab August 2018 erhöhte sich die Vergütung der Arbeitnehmerin unter Berücksichtigung einer haustarifvertraglichen Regelung um 120 EUR. Eine weitere Anhebung in jährlichen Schritten war geplant.
Neben der Arbeitnehmerin beschäftigte die Arbeitgeberin zwei männliche Arbeitnehmer als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb. Einer der beiden Kollegen, der seit dem 01. Januar 2017 beschäftigt worden ist, forderte von der Arbeitgeberin für die Zeit bis Oktober 2017 eine Vergütung in Höhe 4500 EUR brutto. Die Arbeitgeberin gab dieser Forderung nach. Von November 2017 bis Juni 2018 erhielt dieser dann ebenfalls 3500 EUR, wie die Arbeitnehmerin. Ab Juli 2018 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem männlichen Arbeitnehmer eine Vergütung in Höhe von 4000 EUR. Ab dem 01. August 2018 erhielt der Kollege dann ebenfalls eine Vergütungserhöhung um 120 EUR aufgrund der haustariflichen Regelung.
Die Arbeitnehmerin machte mit ihrer Klage die Vergütungsdifferenzen für die Zeit von März bis Oktober 2017 i.H.v. monatlich 1000 EUR brutto und für die Zeit von Juli 2018 bis Juli 2019 in Höhe von monatlich 500 EUR geltend und forderte zugleich eine Entschädigung aufgrund einer Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen
Das Arbeitsgericht sowie das Sächsische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 3. September 2021, 1 Sa 358/19) haben die Klage zunächst abgewiesen.
In der Revisionsinstanz vor dem BAG hatte die Arbeitnehmerin dann allerdings überwiegend Erfolg. Das BAG sprach der Klägerin eine Gehaltnachzahlung in Höhe von 14.500 EUR sowie eine Entschädigung in Höhe von 2000 EUR zu. Das BAG bejahte eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts. Die Arbeitgeberin hat die Arbeitnehmerin dadurch aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, dass sie ihr, obgleich die Arbeitnehmerin und der männliche Kollege gleiche Arbeit verrichteten, ein niedrigeres Grundentgelt gezahlt hat als dem männlichen Kollegen. Die Klägerin hat deshalb einen Anspruch auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege. Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, begründet die Vermutung nach § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist.
Fazit: Die Entscheidung des BAG zeigt erneut, das der Equal Pay Grundsatz im Rahmen des Vergütungsgefüges eines Betriebes erhöhte Relevanz hat und in der Praxis vom Arbeitgeber zu beachten ist. Andernfalls können Arbeitgeber im Einzelfall nicht unerheblichen Gehaltsnachforderungen ausgesetzt sein.