Gilt auch auf einem Parkplatz die Vorfahrtregel „rechts vor links“?
Wer haftet bei einem Unfall auf einem Parkplatz?
Wenn es auf einem Parkplatz zum Unfall kommt, dann geschieht dies häufig im Zusammenhang mit dem Ausparken aus einer Parklücke.
Gegenseitige Rücksichtnahme
Grundsätzlich trifft alle Verkehrsteilnehmer auf einem Parkplatz die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Bei einem Zusammenstoß zwischen einem aus einer Parklücke herausfahrenden Fahrzeug und eines die Fahrgasse benutzenden Fahrzeuges hat der Fahrer, welcher ausparkt grundsätzlich den höheren Haftungsanteil zu tragen. Dies bedeutet bei einer Quote von 25 % zu 75 % zu Lasten des Ausparkenden, dass derjenige, der die Fahrstraße befährt, 75 % des ihm entstandenen Schadens vom Kfz-Haftpflichtversicherer des Fahrzeuges des Ausparkenden ersetzt erhält. Der Ausparkende erhält den Schaden an dem von ihm geführten Fahrzeug nach einer Quote von 25 % vom Versicherer des Fahrzeuges auf der Fahrstraße.
Schrittgeschwindigkeit bei steter Bremsbereitschaft
Auf einem Parkplatz ist Schrittgeschwindigkeit bei steter Bremsbereitschaft einzuhalten. Wenn die Fahrgasse mit überhöhter Geschwindigkeit befahren wird, erhöht sich deshalb der Haftungsanteil desjenigen, der die Fahrstraße befährt.
Oft „kracht“ es auf einem Parkplatz auch deshalb, weil sich ein Autofahrer auf die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ verlässt.
Kein „rechts vor links“
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich mit Urteil vom 22.11.2022 (VI ZR 344/22) entschieden, dass auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen ohne eine ausdrückliche Vorfahrtsregelung die Regel „rechts vor links“ nicht gilt, wenn den Fahrspuren kein eindeutiger Straßencharakter zukommt.
Eindeutiger Straßencharakter
Das Gericht führt aus, dass es der Sicherheit dienlicher ist, wenn die Autofahrer aufeinander Rücksicht nehmen und sich jeweils über die Vorfahrt verständigen müssen. Im vom Gericht zu entscheidenden Fall lag eine Kreuzung, bei der sich 2 Straßen schnitten, nicht vor. Entscheidende Merkmale für das Vorliegen einer Straße seien Markierungen auf der Fahrbahn, Bordsteine oder das Fehlen von Parkboxen entlang der Fahrbahn. Bei der von dem einen Fahrer genutzten Fahrspur habe es sich nach der baulichen Beschaffenheit um einen Bereich gehandelt, der der Parkplatzsuche und dem Rangieren gedient hat. Eine Straße liege demnach nicht vor.