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Haftung des Liquidators gegenüber Gesellschaftsgläubigern

Über die Möglichkeiten einer Direkthaftung eines Liquidators gegenüber GmbH-Gesellschaftern

Die „Firmenbestattung“ ist ein häufig anzutreffendes Mittel, um eine Gesellschaft und deren Verbindlichkeiten faktisch verschwinden zu lassen. Häufig erfolgt eine solche durch eine Li-quidation der GmbH, also eine Auflösung, ohne dass ein Insolvenzverfahren durchgeführt wird. Im letztgenannten Fall bliebe den Gläubigern zumindest noch eine Insolvenzquote, um etwaig ausstehende Forderungen teilweise gezahlt zu erhalten. Im Falle der Liquidation oh-ne Insolvenzverfahren ist das nicht der Fall. Der Gläubiger stellt irgendwann fest, dass es die Gesellschaft schlicht nicht mehr gibt. Sein Anspruchsgegner existiert dann nicht mehr.

Gläubiger gehen grundsätzlich leer aus
Damit fehlt dem Gläubiger dann häufig sein Vertragspartner, gegen den er im Grundsatz einzig seinen Anspruch hätte geltend machen und durchsetzen können. Zu Dritten, etwa dem Geschäftsführer der GmbH oder dem späteren Liquidator, hat der Gläubiger grundsätzlich keine rechtlichen Beziehungen, aus denen die Ansprüche hergeleitet werden könnten. Auch sieht das für das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung geltende GmbHG selbst keine Möglichkeit vor, etwa auf den Liquidator zurückzugreifen, der gesetzeswidrig unterlas-sen hat, die Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger bei der Verteilung des Gesellschafts-vermögens, die bei einer Liquidation vorgesehen ist, zu berücksichtigten. Der Gesetzgeber hat in Bezug auf die GmbH dieses durchaus als ungerecht wahrzunehmende Ergebnis im Ge-setzestext unberücksichtigt gelassen.

Über das Aktienrecht können Ausnahmen gelten
Vor diesem Hintergrund behilft sich die Rechtsprechung durch einen Kunstgriff, der in der entsprechenden Anwendung von Regelungen aus dem Aktienrecht liegt. Der Bundesgerichts-hof – und damit de facto auch die Amts-, Landes- und Oberlandesgerichte – zieht die Rege-lung des § 93 Abs. 5 AktG heran, nach der ein Gläubiger für sich selbst einen Ersatzanspruch geltend machen kann, der im Ursprung der Gesellschaft gegen das handelnde Organ zuge-standen hat, unter der Voraussetzung, dass von der Gesellschaft keine Zahlung mehr zu er-langen ist. Das ist im Falle einer beendeten Liquidation und der Löschung des Unternehmens aus dem Handelsregister der Fall. Die Gesellschaft steht als Schuldnerin dann nicht mehr zur Verfügung. Der ursprüngliche Ersatzanspruch der Gesellschaft wegen der fehlerhaften Ver-teilung des Gesellschaftsvermögens ergibt sich aus § 73 Abs. 3 GmbHG, der außenstehende Gläubiger kann den Anspruch sozusagen an sich ziehen.

Der Einzelfall ist zu prüfen
Dieses Konstrukt dient dem Ziel der Gläubigerbefriedigung auch nach Löschung der GmbH. Der Gläubiger soll so gestellt werden, als habe er selbst den Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator. Jedoch bestehen Ungewissheiten etwa bezüglich der Frage, ob dieses Direktklagerecht nur besteht, wenn es sich bei dem Anspruchsteller um den einzigen über-gangenen Gläubiger der Gesellschaft handelt – das hat der BGH nicht abschließend entschie-den. Daneben ist stets zu bedenken, dass der Gläubiger gerade (nur) so zu stellen ist, wie er bei einer Berücksichtigung seiner Forderung in der Liquidation stünde. Hätte mithin das Ge-sellschaftsvermögen ohnehin nicht zur vollen Befriedigung des Gläubigers ausgereicht, kommt eine Kürzung oder auch das Entfallen des Anspruchs in Betracht. Schließlich muss in jedem Fall die Forderung des Gläubigers im Stadium der Liquidation bekannt gewesen sein, ansonsten scheidet die Direktklage aus.