Vorsorge für das Kind
Sorgerechtsverfügung – Vorsorge im Familienrecht
Dass mit einer letztwilligen Verfügung – also einem Testament oder Erbvertrag – die Erbfolge abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden kann, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass mit einer letztwilligen Verfügung auch bestimmt werden kann, wer im Falle des Todes der Eltern der Vormund für das minderjährige Kind sein soll.
Alleinsorge des überlebenden Elternteils
Sind beide Elternteile gemeinsam sorgeberechtigt und stirbt ein Elternteil, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu (§ 1680 Abs. 1 BGB). Ist ein Elternteil allein sorgeberechtigt und stirbt dieser, so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (§ 1680 Abs. 2 BGB).
Vormundbestimmung durch das Familiengericht
Widerspricht die Übertragung des Sorgerechts auf den überlebenden Elternteil dem Kindeswohl oder sind beide Eltern verstorben, erhalten nicht automatisch die nächsten Verwandten des Kindes die Vormundschaft. Haben die Eltern keinen Vormund benannt, hat vielmehr das Familiengericht den Vormund auszuwählen, der am besten geeignet ist, für das Kind und dessen Vermögen zu sorgen (§ 1778 Abs. 1 BGB, neue Fassung seit 01.01.2023). Das Familiengericht hat dabei insbesondere die familiären Beziehungen des Kindes, seine persönlichen Bindungen, sein religiöses Bekenntnis sowie den Willen der Eltern und die Lebensumstände des Kindes zu berücksichtigen. Seit der Neufassung des Vormundschaftsrechts zum 01.01.2023 sind nun auch ausdrücklich der Wille des Kindes und sein kultureller Hintergrund maßgeblich (§ 1778 Abs. 2 BGB).
Um zu verhindern, dass das Familiengericht einen – aus Sicht der Eltern – ungeeigneten Vormund auswählt oder der nicht sorgeberechtigte Elternteil nach dem Tode des alleinsorgeberechtigten Elternteils das Sorgerecht für das Kind übertragen erhält, können die Eltern durch eine Sorgerechtsverfügung einen Vormund benennen.
Die Form
Eine Sorgerechtsverfügung muss in Form einer letztwilligen Verfügung verfasst sein. Für die Formwirksamkeit gelten daher dieselben Regeln wie für ein Testament: Wird es nicht von einem Notar beurkundet, muss es handschriftlich geschrieben und unterschrieben sowie möglichst mit Ort und Datum versehen sein (§ 2247 BGB).
Damit die Sorgerechtsverfügung im Falle des Todes auch gefunden und berücksichtigt wird, ist die Aushändigung der Sorgerechtsverfügung an den benannten Vormund oder die Hinterlegung beim Nachlassgericht sinnvoll.
Benennungs- und Ausschlussrecht
Mit einer Sorgerechtsverfügung können sorgeberechtigte Eltern einen Vormund oder ein Ehepaar als gemeinschaftliche Vormünder für das Kind benennen (§ 1782 Abs. 1 BGB). Auch kann ein Ersatzvormund bestimmt werden, der ersatzweise Vormund für den Fall sein soll, dass der zunächst benannte Vormund vorher wegfällt oder das Amt nicht annehmen will.
Mit einer Sorgerechtsverfügung können zudem Personen von der Vormundschaft ausgeschlossen werden. Soll der bislang nicht sorgeberechtigte Elternteil nicht das Sorgerecht übertragen erhalten, sollte möglichst begründet werden, warum die Übertragung des Sorgerechts auf den überlebenden Elternteil dem Kindeswohl widersprechen würde.
Eine gemeinsame Sorgerechtsverfügung von gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ist nicht erforderlich. Haben die Eltern widersprüchliche Verfügungen getroffen, so gilt die Verfügung des zuletzt versterbenden Elternteils (§ 1782 Abs. 2 BGB).
Die Folgen
Das Familiengericht ist an die Benennung eines Vormunds gebunden. Einen von der Sorgerechtsverfügung abweichenden Vormund kann es nur in Ausnahmefällen bestimmen. Ein solcher Ausnahmefall liegt zum Beispiel dann vor, wenn die Bestellung des benannten Vormunds dem Kindeswohl widerspricht oder wenn das Kind bereits 14 Jahre alt ist und der Bestellung des benannten Vormunds widerspricht (§ 1783 Abs. 1 BGB).
Mit einer Sorgerechtsverfügung kann mithin relativ einfach und sicher eine Vorsorge für das Kind für den Fall des Todes der Eltern getroffen werden.