Wann ist eine Notreparatur sinnvoll?
Unfallschaden
Der Geschädigte verunfallt unverschuldet mit seinem Fahrzeug. Nach dem Verkehrsunfall lässt er das nicht mehr verkehrssichere Fahrzeug von seinem Sachverständigen begutachten und möchte es in der Werkstatt seines Vertrauens reparieren lassen. Die Werkstatt bestellt sofort die benötigten Ersatzteile und bekommt die Nachricht des Teilelieferanten, dass ein zur Reparatur erforderlichen Ersatzteil nicht lieferbar sei.
Wie verhält sich der Geschädigte nun richtig?
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalles ist zur sogenannten Schadengeringhaltung verpflichtet. Er muss alles in seiner Machtstehende tun, um den unfallbedingten Schaden so gering als möglich zu halten. Wartet der Geschädigte nun schlichtweg auf die Lieferung des fehlenden Ersatzteils, so erhöht sich der unfallbedingte Schaden tagtäglich: Entweder fallen Mietwagenkosten an oder aber dem Geschädigten steht ein Nutzungsausfall zu. Mit dem „endlosem“ Draufzuwarten verstößt der Geschädigte also gegen seine Schadenminderungspflicht. Erforderlich ist, dass der Geschädigte im stetigen Austausch mit seiner Werkstatt steht. Er muss sich dort fortlaufend informieren, wie weit der Stand der Reparatur ist und „Druck“ machen. Sicher ist aber auch, dass allein durch das Nachfragen ein fehlendes Ersatzteil nicht geliefert werden kann. Deswegen geht die Schadenminderungspflicht des Geschädigten noch weiter: Gegebenenfalls ist er zur Notreparatur verpflichtet.
Das ist die gängige Rechtsprechung, die nun auch das OLG Celle, Urteil vom 13.09.2023, Az. 14 U 19/23 bestätigt hat.
Jenem Urteil lag noch ein Sonderfall zugrunde: Das Ersatzteil war nicht sofort, aber in allernächster Zeit lieferbar. In einem solchen Fall kann eine zu eilig durchgeführte Notreparatur „zur Schlinge werden“. Denn lässt der Geschädigte notreparieren und kurz darauf wird das Ersatzteil geliefert, dann hat der Geschädigte durch die Notreparatur gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen!
Die Schadenminderungspflicht kann für den Geschädigten also zur Wahl zwischen Pest und Cholera werden. Was ist nun richtig? Die Notreparatur und das Nutzen des notreparierten Fahrzeuges des zum Liefern der Ersatzteile und erst dann die Durchführung der vollständigen Reparatur oder aber das Draufzuwarten auf die Lieferung der Ersatzteile und die Durchführung der vollständigen Reparatur, ohne das Fahrzeug vorher notreparieren zu lassen.
Letztlich ist Rechenarbeit gefragt: Ist die Notreparatur wirtschaftlich günstiger, als das Nutzen eines Mietwagens/ der Nutzungsausfall bis zur Lieferung der Ersatzteile? Dann muss der Geschädigte notreparieren lassen.
Erhält die Werkstatt die Ersatzteile in den nächsten Tagen geliefert und wäre die Notreparatur teurer, als das Nutzen des Mietwagens/der Nutzungsausfall bis zum Erhalt der Ersatzteile, so muss der Geschädigte warten.
Im Zweifelsfall sollte der Geschädigte der gegnerischen Versicherung melden, welches konkrete Ersatzteil lieferverzögert ist und seine beabsichtigte Vorgehensweise mitteilen. Der Geschädigte kann der Versicherung dann eine kurze Frist (2-3 Tage) dafür setzen, das Ersatzteil anderweitig zu beschaffen und zu seiner Vorgehensweise Stellung zu nehmen. Nach Fristablauf könnte der Geschädigte dann wie angekündigt verfahren.
Für den Geschädigten ist wichtig, dass seine Schadensgeringhaltungspflicht nicht in dem Moment endet, indem er den Reparaturauftrag erteilt.