Wie mit der Eheimmobilie verfahren werden kann
Teilungsversteigerung während der Trennungszeit
Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung aus November 2022 zu Möglichkeiten und Abwägungskriterien einer Teilungsversteigerung der ehelichen Immobilie während der Trennungszeit entschieden (Beschluss vom 16.11.2022 – XII ZB 100/22).
Der Fall
Die Beteiligten, getrenntlebende Ehegatten, stritten um die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung der im jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Ehewohnung. Die Eheleute erwarben im Jahr 2017 ein in zwei Wohnungseigentumseinheiten aufgeteiltes Mehrfamilienhaus. Eine der beiden Wohnungseinheiten wurde als Ehewohnung genutzt, die andere fremdvermietet.
Die Auflösung der Miteigentumsgemeinschaft
Miteigentümer einer Immobilie können die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Die Aufteilung erfolgt durch Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses. Einen anderen Weg zur Durchsetzung des Aufhebungsanspruchs steht nach dem Gesetz nicht zur Verfügung. Ein freihändiger Verkauf an Dritte oder die Übertragung des gesamten Eigentums auf einen der Miteigentümer können nur einvernehmlich erfolgen.
Der Miteigentümer-Ehegatte, der mit der Teilungsversteigerung nicht einverstanden ist, beispielsweise, weil er die Immobilie selbst bewohnt, kann Gegenrechte geltend machen.
Besonders relevant ist insoweit die Frage, ob der die Aufhebung der Gemeinschaft beantragende Ehegatte gegen seine ehelichen Fürsorge- und Rücksichtnahmepflichten verstößt. Diese Pflichten gelten auch über die Trennung der Ehegatten hinaus und sind insbesondere dann zu beachten, wenn die Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche den rechtlich geschützten räumlich-gegenständlichen Lebensbereich des in Anspruch genommenen Ehegatten zu beeinträchtigen droht, konkret also die Ehewohnung. Denn: Die Aufhebung der Gemeinschaft führt in aller Regel dazu, dass der andere Miteigentümer-Ehegatte die von ihm genutzte Ehewohnung verliert.
Die Entscheidung
Dieser, unter anderem, von der Ehefrau vorgebrachte Einwand hatte in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall keinen Erfolg.
Der Ehefrau stand kein die Veräußerung hindernden Recht zu. Aus dem möglichen Verlust der Ehewohnung folgt aus Sicht des Bundesgerichtshofs nicht, dass das Verlangen eines Ehegatten auf Aufhebung der Gemeinschaft hinsichtlich der Ehewohnung bis zur Scheidung stets unzulässig ist. Der nicht teilungswillige Ehegatte hat kein Recht darauf, dass der äußere gegenständliche Bereich der Ehe für ihn unter allen Umständen und zu allen Zeiten im selben Umfang und in derselben Art erhalten bleibt. Beide Ehegatten sind gleichermaßen zur Rücksichtnahme verpflichtet.
Der räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe genieße nicht unbegrenzten Schutz bis zur Rechtskraft der Ehescheidung. Ob die Teilungsversteigerung vor Rechtskraft der Ehescheidung zulässig ist, müsse im Einzelfall durch Abwägung der beiderseitigen Interessen beurteilt werden.
Hierbei stritten das jeweils verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht sowie der Schutz der räumlich-gegenständlichen Ehebereichs und die eheliche Solidarität miteinander.
Gelte der räumlich-gegenständliche Schutz unbedingt, hätte der teilungsunwillige Ehegatte ein Druckmittel in der Hand, um die Mitwirkung des anderen Ehegatten an einer freihändigen Veräußerung der Immobilie an einen Dritten zu erzwingen, auf die er bei streitiger Aufhebung der Gemeinschaft grundsätzlich keinen Anspruch hat.
Die Praxis
In der anwaltlichen Praxis stellt die Eheimmobilie regelmäßig einen der Streitpunkte im Rahmen der Trennung und Scheidung dar. Können sich die Ehegatten nicht einvernehmlich über den Verbleib oder Verkauf einigen, bleibt regelmäßig nur die Teilungsversteigerung. Dass diese schon während der Trennungszeit, also vor Rechtskraft der Ehescheidung, möglich sein kann, hat der Bundesgerichtshof nun ausdrücklich bestätigt. Gleichwohl ist die Teilungsversteigerung wirtschaftlich betrachtet regelmäßig die schlechteste der vorhandenen Optionen.